Nathan Söderblom Haus
Ursprünglich war das Haus zentraler Bestandteil des Gemeindehauses und wurde 1959 eingeweiht. Es sollte später auf der Wiese Ecke Grimmingweg eine Kirche errichtet werden. Doch es kam anders und so halten wir noch heute im Nathan Söderblom Haus mit dem kleinen Glockenturm unsere Gottesdienste und lassen die Kinder auf der Wiese spielen.
Unser bescheidenes Haus hat sogar einen eigenen Artikel auf wikipedia.org. Dort können Sie Interessantes zur Bauweise lesen.
Wer war Nathan Söderblom?
So werde ich seitdem immer wieder gefragt. Wenn ich es eilig habe, antworte ich: ,,Ein schwedischer Erzbischof, Initiator der Ökumene, der 1930 den Friedensnobelpreis erhielt.” In dieser Antwort sind die wichtigsten Nachrichten über Nathan Söderblom bereits enthalten. Dennoch kann man sich dadurch noch kein Bild von diesem bedeutenden Menschen machen. Ich möchte deshalb etwas ausführlicher über sein Leben, über den „Kirchenvater des 20.Jahrhunderts”, wie er auch genannt wird, berichten:
Kindheit und Jugend
Rund zweihundert Kilometer nördlich von Stockholm liegt der väterliche PfarrhofTrönö bei Norrala im Hälsingerland. Norrala ist der Begräbnisort des Heiligen Stefan (gest. um 1000), eines deutschen Schweden-Missionars der frühen schwedischen Kirchengeschichte. Hier wurde am 15.Januar 1866 Natban Söderblom geboren. Sein Vater, Jonas Söderblom, war ein impulsiver, pietistisch geprägter Erweckungsprediger, ein strenger Vater seiner Kinder. Er ermahnte der den stets unruhigen Nathan von der Kanzel herab zur Ruhe im Gottesdienst. Dieser Vater hat das innere Wesen seines Sohnes immer mitgeprägt, als Student, als Professor, als Erzbischof.
Es ist ein weiter Weg, den der heranwachsende Schüler und junge Student zu gehen hatte.
Ein fester Glaube und lutherische Weltoffenheit gaben ihm seine Standfestigkeit im Leben und in der Forschung.
So konnte er der große und liebende Erforscher der anderen Religionen werden, ohne in der aus Unsicherheit und Angst heraus gleich abzuwerten. Im Studium wurde sein Interesse für andere Konfessionen und Religionen geweckt. Die Spuren des lebendigen Gottes in der Geschichte der Religionen zu verfolgen, wurde ihm zu einem Herzensanliegen. Nicht das Trennende, sondern das Verbindende wollte er aufzeigen, um so Brücken zwischen den Konfessionen und Religionen zu schlagen.
Heirat und Familie
Nach bestandenem Examen verlobte sich Nathan Söderblom in Stockholm mit Anna Forsell. 1894 machte er mit ihr die Hochzeitsreise durch Deutschland. Von dort fuhr er gleich weiter nach Paris an seinen neuen Arbeitsplatz als Gesandtschaftspfarrer. Den Sommer über war er im Hafen von Calais als Seemannspfarrer tätig, wo er für seine Landsleute da sein wollte. Tor Andrae, sein Biograph und Schüler schreibt darüber:
“Er genoss die freiwillig gewählte Einfachheit und zeigte sie gerne ganz offen. Er ging werktags in Holzschuhen und Bluse wie die Arbeiter und trug einen großen Stoffhut, wie ihn die Pariser Droschkenkutscher an besonders heißen Tagen tragen.”
Tor Andrae
Der aus dem Volk kam, blieb auch den einfachen Menschen nahe. Ein Seemannsstreik im Hafen nd das ganze Kaleidoskop der verschiedensten Menschenschicksale auf dem Pariser Posten schärften seinen Blick für die sozialen Fragen seiner Zeit. Die bittere Armut der Arbeiter, die Probleme einer zu rasch gewachsenen Industriegesellschaft ließen ihn zeitlebens nicht wieder los.
Nebenher förderte er seine vor zwei Jahren begonnene wissenschaftliche Arbeit über den persischen Jenseitsglauben in der Mazda-Religion. Mit dieser erwarb er später an der Pariser Sorbonne den theologischen Doktorgrad. Es blieb der einzige solcherart verliehene Doktorhut, da die Theologische Fakultät bald danach von der Sorbonne abgetrennt wurde.
Rückkehr nach Uppsala
Nach den Jahren im Ausland sehnte sich Nathan Söderblom nach einer Aufgabe in der Heimat. Im Jahr 1901 holte ihn die Kirche nach Hause zurück und übertrug ihm – ein Jahr nach seiner Promotion – den Lehrstuhl für Religionsgeschichte an der Universität Uppsala. Hier konnte sich nun der universelle Geist Nathan Söderbloms in freier Forschertätigkeit voll entfalten. Über Forschung und Lehre vergaß er aber nie die Praxis. Dass er seinen Wohnsitz nicht in der Stadt nahm, sondern auf der Pfarre von Staby bei Uppsala, ist ein solches Zeichen seiner Verbundenheit mit dem Dienst seiner Heimatkirche.
Im Jahre 1912 wurde er zum Professor an der Leipziger Universität berufen, gab aber seinen Lehrstuhl in Uppsala nicht auf, sondern las, wenn in Deutschland Semesterferien waren, an der heimatlichen Hochschule. So waren die beiden Leipziger Jahre eine anstrengende, aber auch anregende und fruchtbare Zeit.
Erzbischof von Uppsala
Als im Jahre 1914 der Stuhl des Erzbischofs von Uppsala neu zu besetzen war, kam Nathan Söderblom, weil das Los für ihn entschieden hatte, als Dritter auf die Vorschlagsliste und wurde von der Regierung ernannt. Der Kommentator einer Kirchenzeitung schrieb damals über diese Ernennung: ” … ein rücksichtsloser Schlag der Regierung gegen die Kirche'” Dabei hatte sich Nathan Söderblom wahrlich nicht um diese Aufgabe gerissen. Es fiel ihm nicht leicht, das freie wissenschaftliche Forschen mit dem Amt der höchsten Verantwortung für die Gesamtkirche seiner Heimat zu vertauschen. Als er die Nachricht seiner Berufung zum Erzbischof erhielt, versammelte er seine Familie in seinem Arbeitszimmer zu einer Hausandacht, in der er um Gottes Segen für diese verantwortungsvolle Arbeit bat.
Am 5. November 1914 wurde er im Dom von Uppsala in das Amt des Erzbischofs eingeführt und empfing aus den Händen von Bischof Gottfried Billing den 750 Jahre alten Krummstab Schwedens.
Zu seinen Hauptaufgaben gehörten die Visitationsreisen, die er bis in die entferntesten Dorfgemeinden ausdehnte. Er wollte um sie kennen lernen und die Pfarrer ermutigen. Er besuchte alle Gottesdienste in den Haupt- und Nebenkirchen, prüfte die Schuljugend und die Konfirmanden, nahm an Besprechungen mit den Ältesten teil. Auch besichtigte er das Gemeindeeigentum und verschaffte sich einen Eindruck von dem Zustand der Gebäude. Um eine Hilfe zu deren Pflege und Instandsetzung zu geben, sammelte er in der Zeit seines Amtes über 700.000 Kronen aus freiwilligen Beiträgen. Er wollte so die Gemeinden entlasten und ein sichtbares Zeichen seiner Liebe für die heimatlichen Kirchen geben.
Stele, die die schwierige Einheit der Kirchen darstellt, des Bildhauers Karl Wientzek
Geschichten seiner Amtszeit
Über diese ausgedehnte Reisetätigkeit gäbe es viel zu berichten. Aber nur zwei – für Söderbloms spontane Art bezeichnende – Erlebnisse sollen hier mitgeteilt werden: Einmal war der Krummstab bei einer Visitationsreise im Gepäck vergessen worden. Söderblom ließ kurzerhand eine junge Birke biegen und amtierte damit. Ein anderes Mal fehlte der obere gebogene Teil des Krummstabs, der Erzbischof steckte einen blühenden Kirschzweig aus dem Pfarrgarten auf den Schaft und hielt damit Einzug in die Festgemeinde des Dorfes.
Nathan Söderblom hatte einen Traum und dieser Traum war der Motor seiner rastlosen Tätigkeit. Es war der Traum von der Einheit der Kirchen.
Ein erster Schritt hin zu diesem großen Ziel war die Gründung eines „Freundschaftsbundes für Friedensarbeit der Kirchen“. Geschehen sollte das in den Tagen und Stunden vor Ausbruch des 1. Weltkrieges in Konstanz im Juli 1914, an dem sich Nathan Söderblom beteiligte. Söderblom war ein Mann, der unzählige Freundschaften in den verschiedensten Ländern pflegte. Er war immer bereit zu tiefer und lebenslanger Freundschaft. Tausende Briefe an Freunde erzählen davon. Für ihn basierte die Ökumene, die Einheit der Kirchen, auf echten Freundschaften.
Freundschaft gegen den Krieg
Der Krieg war schon ausgebrochen, als er sein Amt als Erzbischof in Uppsala antrat, aber schon sein erster Hirtenbrief lief in vielen Sprachen um den Erdball. Er schickte einen Aufruf für Frieden und christliche Gemeinschaft in die Welt hinaus. Nathan Söderblom wollte dem Hass entgegentreten und sich bereit halten, die zerrissenen Bande der Gemeinschaft so rasch wie möglich wieder zu knüpfen. Er suchte Mitstreiter „in dem ernsten Ringen gegen die völkervergiftende Propaganda des Krieges”.
Sämtliche Vertreter der neutralen Staaten unterzeichneten diesen Aufruf. Nur zwei Vertreter aus den kriegsführenden Ländern, der Erzbischof von Finnland und ein Bischof aus Ungarn unterzeichneten ebenfalls. Nathan Söderblom ließ jedoch den Mut nicht sinken, sondern arbeitete unentwegt auf das Zustandekommen eines ökumenischen Konzils hin.
Der Weltkrieg war noch nicht zu Ende, als er gemeinsam mit englischen Freunden die Aktion des Kriegsgefangenenaustausches einleitete. Sie führte in einem Jahr nicht weniger als 60 000 Engländer und Deutsche in ihre Heimat zurück.
Im September 1919 wurde durch die Initiative Söderbloms der„ Weltbund für internationale Freundschaftsarbeit” in dem holländischen Ort Oud Wassenaar zu neuem Leben erweckt.
Ökumenischen Rat der Kirchen
Es war damals schon klar, dass er sich in seinem Bemühen um eine sichtbare Einheit in Christus mit einem Weltbund für Freundschaftsarbeit auf die Dauer nicht begnügen würde. Schon hier legte Söderblom sein Programm für die Arbeit eines „Ökumenischen Rates der Kirchen” dar. Der Rat sollte das Sprachrohr der Kirchen in der modernen Welt werden, der Kirchen, die ihre Fähigsten und Besten in ihn entsenden sollten. Das Gewissen der Welt sollte er sein, ohne sich zu einer „Gouvernante” zu erheben.
Man kann nur ahnen, welche Freude es für Söderblom bedeutete, als im August 1925 in Stockholm eine Weltkirchenkonferenz zustande kam. Auch ein „Ökumenischer Rat für Praktisches Christentum” wurde konstituiert. Hier bekannten sich zum ersten Mal anglikanische und orthodoxe Bischöfe zusammen mit den verantwortlichen Leitern der reformatorischen Kirchen zu einer Einheit der Tat im Dienst der Gerechtigkeit.
Friedensnobelpreis
Söderbloms Traum hatte Gestalt gewonnen. Ein wichtiger Schritt zur Einheit der Kirchen war getan. Ein Jahr vor seinem Tod wurde ihm dafür der Friedensnobelpreis verliehen.
Am 12.Juli 1931 starb er und wurde im Dom zu Uppsala begraben. Über seinem Grab brennt eine hohe Kerze durch all die Jahre bis zum heutigen Tag. Zur Erinnerung an Nathan Söderblom steht an der Nordwand unserer Kirche seine Portraitbüste. Im Innenhof steht eine Stele, die die schwierige Einheit der Kirchen darstellt. Vielleicht erscheinen uns diese beiden Kunstwerke des Bildhauers Karl Wientzek nun in einem ganz neuen Licht.
Text nach: Günter Gloede: Ökumenische Profile, Stuttgart 1961