Gedanken zum Monatsspruch März
Wenn ein Fremdling bei dir wohnt in deinem Lande, dann sollst du ihn nicht bedrücken.
Levitikus 19, 33
Und weiter: Der Fremdling soll unter euch wie ein Einheimischer gelten! Du sollst ihn Lieben wie dich selbst! Denn ihr seid ja auch Fremdlinge gewesen in Ägypten!
Soll heißen: Ihr wart damals Sklaven und man hat euch schlecht behandelt.
Zur Info:
Levitikus ist das dritte Buch des Pentateuch. In jüdischen Bibelübersetzungen heißt dieses Buch nach seinem ersten Wort Wajikra („Und er rief“). Im Allgemeinen ist damit das dritte Buch Mose unserer Bibel gemeint.
Aha! Schön zu wissen.
Also, ich soll den Fremden, der bei mir wohnt, wie einen Einheimischen behandeln. Gut, das kann ich bewerkstelligen. Aber es sind zur Zeit viele Fremde bei uns aus vielen Ländern. Das macht die Sache schwierig. Immerhin, wir Deutschen haben Erfahrung mit Flüchtlingen. Ab 1945 kamen die Vertriebenen aus den deutschen Ostgebieten (12 Millionen), dann die DDR Flüchtlinge (4 Millionen). Sie hatten aber den Vorteil Deutsch zu sprechen und gebraucht zu werden. So gesehen erscheinen die 3,3 Millionen Schutzsuchende, die auf gefährlichen Wegen nach Westeuropa kamen und vor Krieg, Gewalt, Terror und radikalen Glaubensfanatikern flüchteten, gar nicht so viele. Ganz nebenbei: Viele von ihnen arbeiten schon bei uns und sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken.
Wo also ist das Problem?
Die Aufnahmebereitschaft und die Begeisterung in Deutschland waren 2015 groß. Viele private Initiativen entstanden. Manche existieren heute noch. In diesen Initiativen werden einige Geflüchtete so behandelt, wie uns in Mose 19, 33 auferlegt ist. Das sind Lichtblicke für diese Menschen, die ihnen Hoffnung geben. Aber wie können wir den Menschen zu menschenwürdigen Lebensbedingungen bei uns verhelfen? Das erscheint nahezu unmöglich. Die Begeisterung bröckelt. In Deutschland herrscht Wohnungsnot, was hohe Mieten zur Folge hat. Arbeitsplätze fallen weg und die Preise steigen. Es gibt Menschen in Deutschland die dafür die Flüchtlinge verantwortlich machen und die Unzufriedenheit unter uns schüren. Man erwägt härtere Gesetze, will Grenzen abriegeln. Aber damit verlagert man die Probleme nur, löst sie nicht.
Und die Behandlung der Fremden wird dabei immer menschenunwürdiger.
Was tun? Wir können von Mariendorf aus nicht die Welt retten.
Albert Schweitzer hat gesagt: “Das Wenige, das du tun kannst, ist viel – wenn du nur irgendwo Schmerz und Weh und Angst von einem Wesen nimmst“. Bild Albert Schweizer einfügen
Seit 2015 gibt es in Marienfelde die Initiative „Welcom“ der katholischen Gemeinde „Vom guten Hirten“. In Zusammenarbeit mit der Ev. Kirchengemeinde Marienfelde, dem Bezirksamt und beherzten ehrenamtlichen Bürgern ist hier ein Projekt entstanden, das Mose 19, 33 nahe kommt. Es ist das Wenige, was man tun kann.
Auf einem Teilbereich eines Parkplatzes vom Britzer Garten soll ein Containerdorf für 540 Geflüchtete entstehen. Dagegen gibt es Widerstand, vielleicht ist das Projekt wegen leicht rückläufiger Zahlen auch schon wieder vom Tisch. Aber wenn es denn kommt, ist das Wenige, was man tun kann: Hingehen und fragen, ob Hilfe gebraucht wird.
Hartmut Wieseke