Gedanken zur Jahreslosung
Suche Frieden und jage ihm nach!
Psalm 34,15
Fünf Worte.
26 Buchstaben.
Ein Alphabet des Friedens.
In hebräischer Sprache verfasst.
In die unsere übersetzt.
Zwei Bilder erzählen vom Suchen und Jagen.
Als ob er sich versteckte. Der Frieden.
Schüchtern, zart, zerbrechlich gar.
Verborgen vor den Blicken der anderen, sucht er Schutz und ich ihn.
Um ihn zu finden, darf ich mich nicht verstecken. Sonst finden wir einander nie.
Muss mich vielmehr aufmachen. Muss Mühen auf mich nehmen, zeigen wie ernst es mir ist mit ihm.
In den kleinsten Winkel blicken, mich dorthin begeben, wo man ihn gar am wenigsten erwartete.
Aber woran erkenne ich ihn? Wie sieht er aus? Und wie fühlt es sich an, mit und in ihm zu leben?
Vielleicht so?
Ich stelle die Frage: „Wie geht es Dir“, und höre der Antwort entgegen.
Ich nehme mir Zeit, um den anderen verstehen zu lernen und bin bereit, ihm auch meine Geschichte zu erzählen.
Wir verletzen einander nicht, sondern suchen das Wohl des anderen.
Wir entdecken die Schönheit des anderen. Neid und Mißgunst finden hier keinen Platz.
Hindernisse liegen auf dem Weg zum Frieden. Auf der Suche nach ihm lasse ich viel Kraft:
Ich lebe in der Gegenwart und lasse die Vergangenheit ruhen.
Ich lasse die Vorwürfe vergangener Tage hinter mir und bin offen für die Begegnung im Jetzt.
Ich lerne mit den Schmerzen, den Wunden von anderen zugefügt, zu leben. Die Narben bleiben, sie gehören zu mir und erzählen meine Geschichte. Ich lerne mit ihnen zu leben und spüre ihn, den Frieden, in mir.
Zwei Bilder: Vom Suchen und Jagen.
Nach dem Frieden zu jagen verwirrt mich. Liegt darin nicht ein Widerspruch. Zum Jagen benötige ich eine Waffe? Möchte das Erjagte niederstrecken, ihn besiegen.
…… Oder, so denke ich weiter, bedeutet es vielmehr ihn einzufangen? Der Friede erscheint mir gleich einem schillernden Schmetterling. Er schwebt, bewegt sich leicht durch die Lüfte. Mir immer voraus.
Vielleicht lässt er sich niemals ganz fangen. Wir kommen ihm nah und dann entfernen wir uns wieder ein Stück weit. So sind wir bewahrt, ihn, einmal habhaft geworden, daheim einzurahmen und ihn durch eine Scheibe hindurch anzublicken. Denn den Frieden selbst haben wir nie in der Hand.
Aber was bedarf ich, um eine Ahnung vom Frieden zu erjagen? Ich glaube, dass es die kleinen wie die großen Visionen sind, die wie bunte, schillernde Schmetterlinge, Friedenswesen/-grüße der Lüfte, vor uns herflattern. Zuerst lenken sie unseren Blick, dann unseren Schritt. Wenn wir bereit sind, nach ihnen Ausschau zu halten, und uns von ihnen leiten zu lassen.
Visionen …
… Kinder kennen den Krieg nur noch dem Namen nach und üben sich nicht im Führen dessen ein.
Menschen, die vorher zerstritten, verfeindet gar, sind nun vertrauensvoll ins Gespräch versunken…
Und doch, ich weiß, ganz so wird es wohl niemals sein, aber vielleicht werden.
Denn es gibt sie, diese Momente, in denen ein Friedenshauch uns streift. Wenn nach einem langen Zwist Versöhnung in der Luft schwebt. Wenn Waffen schweigen. Wenn eine Mauer fällt. Wenn Menschen einander die Hände reichen. Da entsteht eine Stille, angefüllt mit Frieden.
Fünf Worte.
26 Buchstaben.
Ein Alphabet des Friedens.
Ein Gebet.
Wie im Himmel, so auf Erden.
Vom Suchen und Jagen des Friedens?
Ob wir ihn finden und ihm nachgehen können?
Gott helfe uns.
Es grüßt Sie herzlich
Ihre Pfarrerin Lydia Grund-Kolbinger